Ralf Ströcker
Ritter, Zwerg & Tod
Kriminalroman

ISBN 978-3-920591-75-9
 € 9,-

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Ströckers dritter Kriminalroman ist wieder sowohl äußert lebendig als auch atmosphärisch präzise;
gespickt mit feinem westfälischem Humor, wirkt er zuweilen fast ein wenig poetisch.

Es beginnt mit einem ganz normalen Auftrag. Detektiv Karrenknecht soll den vermißten
Stephan Schulte suchen. Wieso hatte dieser aber auf allen existierenden Fotos seinen Kopf
ausgeschnitten? Und wieso tauchen ständig und unerwartet diese Zwergfiguren auf?

In  Die Stunde des HERRN  und in Die tausend Regeln des Detektivs K.  spielen
Familiengeheimnisse eine hintergründige Rolle. Ob dies auch in der Regierungsbezirkshauptstadt,
in der dieser Krimi spielt, der Fall ist? So wie bei Ströcker Zufälle meist nicht wirklich zufällig sind,
so weiß Karrenknecht: “Wenn nichts mehr geht, dann geh, denn Gehen geht immer”
 

 

 

 

Presse- und Kritikerstimmen:

"Ströcker stellt seinen Helden ganz in die Tradition klassischer US-Vorbilder vom Schlag eines Philip Marlowe: ein zynischer Einzelgänger, der trotzdem den Windmühlenkampf gegen das Böse aufnimmt. So verkommen wie hier in Arnsberg war die Welt schon lange nicht mehr... Die krimiunüblichen Eigenheiten seines Stils, die Reflexionen und die eingestreuten Aphorismen, pflegt Ströcker auch diesmal wieder, jongliert aber genauso mit Klischees, die einfach dazugehören" (Georg Leisten in der Münsterschen Zeitung)

"Für mich ist Karrenknecht ein überaus sympathischer Melancholiker, den ich wegen seines Blicks auf die Welt gern begleite. Nie habe ich ein China-Restaurant so gut wiedererkannt wie auf S.71, um nur ein Beispiel zu nennen. Der Leser freut sich an Karrenknechts Lebensweisheiten, die im ersten Moment an Galgenhumor erinnern... Ich habe mich beim zweiten Lesen gefragt, warum ich so in die Handlung hineingesaugt werde, daß ich meine Gewohnheit, guten Gewissens die Mitte zu überspringen, ablege und das Buch mehrfach von vorne nach hinten lese..." (Josef Brüggemann)
 

Leseprobe:

Prolog
Aus der guten alten Zeit

Der kleine Ritter hielt das Holzschwert in seiner rechten Hand fest umklammert. Wie jeder edle Ritter hatte auch der kleine Ritter ein mutiges Herz. Seit Jahrhunderten bewachte er das Haus mit den feuerspeienden Ungeheuern. Tagsüber blitzte es ständig dort. Heller als die Sonne im August waren die Blitze. Dann trieben die Ungeheuer ihr Unwesen. In der letzten Woche hatten es die grauenvollen Ungeheuer besonders doll getrieben. Es hatte gebrannt. Die Feuerwehr war gekommen und hatte den Brand gelöscht.
  Nachts hielten sich die Ungeheuer zurück, weil er, der kleine Ritter, vor dem Haus stand und Wache hielt. Als plötzlich, wie von Geisterhand dahingezaubert, der schwarze Mann vor ihm stand, wußte der kleine Ritter, was er immer schon geahnt hatte ? die Ungeheuer hatten dunkle Verbündete außerhalb des Gebäudes.
  "Was machst du denn noch so spät hier, kleiner Mann?" fragte der Vikar den Jungen, der kurz nach zwei Uhr morgens bekleidet mit einem Plastikbrustpanzer und bewaffnet mit einem Holzschwert an der Ecke zum Gutenbergplatz stand.
  "Ich..." Der Junge stammelte, für den Vikar hörte sich das erschrocken und sehr verängstigt an. Der Junge war weder erschrocken noch verängstigt, er war wütend, voller Zorn gegen sich selbst wegen seiner Unaufmerksamkeit. Was war er für ein abgrundtief schlechter, mieser, erbärmlicher Wächter, wenn er nicht einmal das Herannahen des schwarzen Mannes bemerkt hatte?
  Der Vikar beugte sich zu dem Jungen herab. Der erstarrte, und seine beiden Hände umklammerten das wundertätige Holzschwert  noch  fester. Aber  was  war  das  beste  aller
Holzschwerter gegen den schwarzen Mann? Nicht mehr als ein lächerlicher Budenzauber.
  Die Hand des schwarzen Mannes hielt mitten in seiner Bewegung auf den Jungen zu inne. Etwas war geschehen! Zögerlich wich das Kind einen Schritt zurück. In den Augen des schwarzen Mannes stand für Sekundenbruchteile ein unendliches Staunen. Er sank in Zeitlupe nieder auf die Knie, als habe er einen Herrscher erkannt, der ihm gebot niederzuknien. Das Kind wich zwei weitere Schritte zurück. Der Oberkörper des Vikars fiel nach vorne auf den Bürgersteig. Hart schlug sein Kopf auf, direkt vor die Füße des kleinen Ritters. Von alledem spürte der Vikar nichts mehr, denn er war bereits tot.
  Ungläubig starrte der Junge erst auf den am Boden liegenden Vikar, dann auf sein Holzschwert. Sein Schwert war also doch ein Zauberschwert, mit einem Zauber, mächtiger als der schwarze Mann, hatte es den kleinen Ritter im letzten Moment gerettet...

*

aus dem Kapitel IV:

Schönheit im Alter ist das Ergebnis hoher Kunst

Das Institut Belle Care lag am Ende einer kleinen Stichstraße, die von der Eichholzstraße abbog. Hier sangen nur die Vögel, die Entdeckung jeder anderen Form von Lärm war Jahrhunderte entfernt. Die klassizistische Jugendstilvilla, die in einem durch etwas Grau gebrochenem Rosa gestrichen war, mußte bei Sonnenschein im Tessin paradiesisch aussehen. In Arnsberg regnete es an diesem Morgen. Die Farbe wirkte matt, unter dem großen Fenster links vom Eingang lief ein dreckiger Regen von der anthrazitgrauen Schieferfensterbank die Wand herunter und hinterließ eine breite Schmutzspur.
  Im Wartezimmer, das sie hier Salon nannten, ließ man Karrenknecht mit dem Versprechen Platz nehmen, Frau Doktor habe gleich Zeit für ihn. Karrenknecht hatte das unbestimmte Gefühl, daß ihn die Frau an der Anmeldung nicht ganz ernst nahm. In der Mitte des Wartezimmers plätscherte unaufdringlich ein Zimmerbrunnen von der Art, die man nicht im Baumarkt kaufen kann. Ansonsten herrschte eine wohltuende Stille in dem Raum. Bei der Einrichtung hatte man einen Innenarchitekten mit dem Auftrag durchgejagt, alles zu vermeiden, was an ein Spital erinnern könnte.
  Karrenknecht war nicht allein im Wartezimmer. Einige erlesene Hochglanzbroschüren leisteten ihm Gesellschaft und klärten ihn auf: Sein Selbstwertgefühl soll sich hier verändern, nicht nur sein Körper. Man war hier nicht krank ? nicht einmal alt, sondern geschätzter Kunde und Freund, den man beriet, wie ein teures Auto ständig wartete, durchcheckte und pflegte und bei dem man nur im Ausnahmefall hin und wieder zum Skalpell oder zur Absaugglocke griff.
  An der Wand verkündete ein in schönster Kalligrafie ausgeführter und in einem Silberrahmen gerahmter Spruch den Kerngedanken der Philosophie des Institutes Belle Care: Schönheit in der Jugend ist ein Geschenk Gottes ? Schönheit im Alter ist das Ergebnis hoher Kunst.
  Nach fünfzehn Minuten Wartezeit hatte Frau Doktor Zeit für ihn. Die junge, hübsche Frau aus dem Vorzimmer führte Karrenknecht ins Büro im ersten Stock. Hinter einem riesigen, leeren Schreibtisch, einer asiatischen Lackarbeit mit kunstvollen Intarsienarbeiten, saß Frau Dr. Kammleichter, die Chefin des Instituts Belle Care, eine Frau, die im vierzigsten Jahr ihres Berufslebens stand. Ihr Stuhl stand mit dem Rücken gegen die Helligkeit, die sich durch das große, zum Ruhrtal gelegene Fenster mit den schweren Brokatvorhängen in den Raum ergoß. Karrenknecht blinzelte zu ihr ins Gegenlicht der dumpfen Helligkeit eines Arnsberger Regentages und sah eine Frau, die in diesem Licht keinen Tag älter als fünfzig aussah. Eine bei dieser Beleuchtung makellose Erscheinung ? bis auf die Körperlänge. Frau Doktor war klein, keinen Zentimeter länger als 1,50 m, schätzte Karrenknecht. Daran konnte auch nicht die Anordnung von Schreibtisch und Schreibtischstuhl etwas ändern. Schönheitschirurgie hat ihre Grenzen. Eine Grenze wird durch das Verbot markiert, die mittelalterliche Streckbank wieder einzusetzen, dachte Karrenknecht.
  "Weshalb haben Sie unser Institut aufgesucht, Herr...?"
  "Karrenknecht, Thomas Karrenknecht. Ich wollte mich mal beraten lassen."
  "Ihre Nase?"
  "Meinen Sie?"
  "Ja, Ihre Nase. Kein Problem! Ein, zwei kleine Korrekturen, und sie wäre dem Ideal nahe."
  "Ideal!"
  "Und Ihr Gewicht!"
  "Mein Gewicht?" fragte Karrenknecht mit gekünsteltem Erstaunen.
  "Sie haben Übergewicht!"
  "Das ist eine Frage der Definition."
  "Sie haben Übergewicht nach allen Definitionen, Herr Karrenknecht?, stellte Frau Doktor mit einer gewissen Schärfe im Ton fest. Die Feststellung traf zu.
  "Ich treibe Sport. Ich jogge!" verteidigte sich Karrenknecht.
  "Wie häufig?"
  "Zwei, drei Mal!"
  "In der Woche?"
  "Im Jahr."
  "Also, ich glaube, daß wir dieses Problem konservativ behandeln können."
  "Keine Operation?" Karrenknecht tat erleichtert.
  "Doch bei der Nase, nicht beim Bauch. Für den werden wir  Ihnen  ein  Ernährungs-  und  Bewegungsprogramm
erarbeiten, das sie unter unserer Anleitung und Überwachung absolvieren müßten."
  "So etwas machen Sie auch?"
  "Wir verfolgen einen ganzheitlichen Ansatz, indem wir den Menschen als ein biopsychosoziales Wesen begreifen. Sie scheinen eine völlig überholte Vorstellung von den Aufgaben eines Institutes wie Belle Care in der heutigen Zeit zu haben."
  "Ich habe noch zwei Fragen."
  "Fragen Sie, Herr Karrenknecht."
  "Das Finanzielle. Wieviel würde mich die Angelegenheit kosten?"
  "Sind Sie arm, Herr Karrenknecht?"
  Die Gegenfrage verwirrte Karrenknecht in ihrer Direktheit...
 

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